Ein Offenbaren im Sinne des § 203 StGB ist jede Mitteilung über die geheim zu haltende Tatsache an einen Dritten[1]. Somit liegt eine Offenbarung immer dann vor, wenn das Geheimnis in irgendeiner Weise an einen anderen gelangt ist[2].
Der Vorschrift liegt die Vorstellung zugrunde, dass nur der Geheimnisverpflichtete mit den Geheimnissen in Berührung kommen darf, denn nur der Geheimnisverpflichtete ist derjenige, den sich der Patient für die Offenbarung seines Geheimnisses ausgesucht hat. Wenn ein Patient z. B. seinen Arzt aufsucht, geht § 203 StGB somit davon aus, dass lediglich dieser einen Einblick in den persönlichen Lebensbereich bekommen soll[3].
Dem Wortlaut nach würde bereits die Weitergabe der Geheimnisse an das Pflegepersonal oder Sprechstundenhilfe eine Offenbarung bedeuten. Da dies jedoch jeglichen Funktionsablauf in einer Arztpraxis oder einem Krankenhaus zum Erliegen bringen würde, entspricht es der allgemeinen Ansicht, dass es möglich ist, derartige Hilfskräfte einzuschalten, ohne dass ein Offenbaren im Sinne des § 203 StGB vorliegt. Begründet wird dies mit § 203 Abs. 3 S. 2 StGB, der auch diejenigen zur Verschwiegenheit verpflichtet, die den Schweigepflichtigen in Bezug auf dessen berufliche Tätigkeit unterstützen. Eine Weitergabe an einen solchen Dritten kann nach einhelliger Ansicht grundsätzlich straflos erfolgen. Eine Weitergabe der Informationen ist ebenfalls erlaubt, wenn der Empfänger des Geheimnisses "zum Kreis der zum Wissen Berufenen” gehört, beispielsweise wenn ein weiterer Arzt (Radiologe, Labormediziner, …) in den Behandlungsprozess des Patienten integriert ist und der Patient von dieser Weitergabe Kenntnis hat bzw. mit der Weitergabe des Geheimnisses rechnen kann/muss.
Bzgl. der Offenbarung wird zwischen drei verschiedenen Tatbeständen unterschieden:
Bei mündlichen Mitteilungen ist für den Tatbestand der Offenbarung erforderlich, dass ein Dritter das Geheimnisses zur Kenntnis nimmt[4].
Bei einem verkörperten Geheimnis (z.B. ein Schriftstück wie eine Patientenakte) genügt für eine Offenbarung bereits die Möglichkeit, dass sich ein Dritter von dem Geheimnis Kenntnis verschafft. Eine nachgewiesene Kenntnisnahme durch einen Unbefugten ist nicht erforderlich[5]. Insbesondere ist auch ein Offenbaren durch (aktives) Unterlassen möglich[6], z. B. wenn ein Arzt die Einsichtnahme in seine Krankenblätter oder gar deren Mitnahme nicht verhindert.
Die Offenbarung digital gespeicherter Geheimnisse wird ähnlich wie die Offenbarung von verkörperten Geheimnissen betrachtet[7], [8]. D.h. die Einräumung der Verfügungsgewalt über die Daten, z.B. durch Weitergabe der Datei oder auch durch die Zugriffsmöglichkeit auf die Daten in einem Informationssystem, genügt, damit der Tatbestand der Offenbarung erfüllt wird[9]. Dementsprechend besteht auch hier die Möglichkeit des Tatbestandes einer Offenbaren durch Unterlassen.
Grundsätzliche Voraussetzung für eine Offenbarung ist, dass sowohl das Geheimnis selbst, als auch die Person des Berufsgeheimnisträgers offenbart wird; Mitteilungen, aus denen die Person des Betroffenen nicht ersichtlich ist, erfüllen daher nicht den Tatbestand der Offenbarung[9]. Weiterhin liegt ein Offenbaren nur dann vor, wenn das Geheimnis dem Empfänger noch unbekannt ist[10].